Archive for the ‘Arbeitsrecht’ Category

Gesetzliche Arbeitgeberpflicht zur Arbeitszeiterfassung

Dienstag, September 13th, 2022

Mit Beschluss vom 13. September 2022, 1 ABR 22/21, hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) entschieden, dass Arbeitgeber verpflichtet sind, System zur Arbeitszeiterfassung einzuführen. Es hat damit den Antrag eines Betriebsrats abgelehnt, der für sich ein Mitbestimmungsrecht im Hinblick auf die Arbeitszeiterfassung in Anspruch nahm. Denn Mitbestimmungsrechte hat der Betriebsrat nach § 87 Betriebsverfassungsgesetz nur dann, wenn eine Angelegenheit nicht bereits gesetzlich geregelt ist. Eine solche gesetzliche Regelung bejahte der 1. Senat des BAG jedoch aus dem Aspekt des betrieblichen Gesundheitsschutzes nach § 3 Abs. 2 Nummer 1 des Arbeitsschutzgesetzes.

Die Entscheidung kommt durchaus nicht unerwartet im Hinblick auf die jüngere Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs, der schon seit längerer Zeit eine Verknüpfung von Arbeitszeitfragen und Gesundheitsschutz vorgenommen hatte. Sie hat über die bisher bereits gesetzlich bestehenden Erfassungsverpflichtungen (z. B. im Bereich der Mehrarbeit und des Mindestlohngesetzes) Folgen für alle Betriebe in Deutschland, in denen bislang keine Arbeitszeiterfassung erfolgte, zum Beispiel in Kleinbetrieben, im Rahmen von Vertrauensarbeitszeit, Homeoffice usw.. Wir beraten Sie als Arbeitgeber und als Arbeitnehmer gerne in allen Fragen möglicher Konsequenzen aus dem Urteil.

Neue Pflichten zum Nachweis der Arbeitsbedingungen (Nachweisgesetz und Arbeitsverträge) ab 1. August 2022

Dienstag, August 2nd, 2022

Die Anforderungen an den Nachweis der wesentlichen Arbeitsbedingungen sind ab dem 1. August 2022 deutlich verschärft worden. Die auf der Umsetzung der EU- Richtlinie 2019/1152 vom 20. Juni 2019 basierende Überarbeitung des Nachweisgesetzes gilt damit uneingeschränkt bereits für neu einzustellenden Mitarbeiter, also solche, die ab dem 1. August 2022 ein Arbeitsverhältnis neu antreten.

Üblicherweise schließen Arbeitnehmer und Arbeitgeber zu Beginn des Arbeitsverhältnisses einen schriftlichen Arbeitsvertrag ab; dies ist jedoch nicht in allen Branchen und für alle Tätigkeiten zwingend. Ein Arbeitsvertrag kann auch mündlich oder einfach durch Übereinkunft der Aufnahme einer Tätigkeit zustandekommen. Für diesen Fall sah das Nachweisgesetz auch bisher bereits vor, die wesentlichen Vertragsbedingungen kurzfristig schriftlich niederzulegen und dem Arbeitnehmer auszuhändigen.

Diese Anforderungen wurden qualitativ und quantitativ erheblich verschärft. So sind ergänzend zu den bisherigen Anforderungen nunmehr erweiterte Angaben zum Arbeitsort, zu Dauer der Probezeit, zur Zusammensetzung und Höhe des Arbeitsentgelts und sonstiger Vergütung, zur vereinbarten Arbeitszeit, zu Ruhepausen und Ruhezeiten, gegebenenfalls auch im Rahmen eines Schichtsystems, zur Arbeit auf Abruf nach dem Teilzeit- und Befristungsgesetz, zur Ableistung von Überstunden, zu den Vorschriften einer Kündigung, zu Tarifverträgen und diversen weiteren Arbeitsbedingungen erforderlich. Auch für den Fall der Erbringung der Arbeitsleistung außerhalb Deutschlands sowie im Rahmen des Arbeitnehmer Entsendegesetzes wurden zusätzliche Anforderungen in das Nachweisgesetz aufgenommen.

Besonders heikel für Arbeitgeber: Verstöße gegen die Vorschriften aus dem Nachweisgesetz waren bislang nicht mit Strafe bedroht. Nunmehr droht eine Geldbuße bis zu 2.000,- € bei Nichteinhaltung der Vorschriften.

Ausnahmen lässt das Gesetz teilweise durch Hinweise auf anderweitig geltende Tarifverträge, Betriebs-oder Dienstvereinbarungen sowie kirchliche Arbeitsbedingungen zu.

Auswirkungen hat die Gesetzesänderung aber auch auf Musterarbeitsverträge. Denn prinzipiell sind dort die wesentlichen Arbeitsbedingungen geregelt; vielfach dürften sich jedoch auch in den Arbeitsverträgen nunmehr Lücken auftun, weil üblicherweise die bisherigen Musterarbeitsverträge die neuen Vorschriften nicht berücksichtigen.

So haben alle Arbeitnehmer mit einem schriftlichen Arbeitsvertrag Anspruch auf Einhaltung der Verpflichtung, wenn der Arbeitsvertrag neu geforderte Angaben nicht enthält. Arbeitnehmern ohne Arbeitsvertrag, deren Arbeitsverhältnis bereits vor dem 1. August 2022 bestand, ist auf ihr Verlangen die Niederschrift abgestuft nach Relevanz der Angaben am 7. Tag, bzw. spätestens einen Monat auszuhändigen, wenn nicht bereits eine früher ausgestellte Niederschrift oder ein schriftlicher Arbeitsvertrag die erforderlichen Angaben enthält.

Wir beraten Sie als Arbeitgeber gerne im Hinblick auf die neuen Verpflichtungen nach dem Nachweisgesetz und dessen Auswirkungen auf bereits bestehende Arbeitsverträge, bzw. betriebliche Musterarbeitsverträge. Aber auch Arbeitnehmer sind stets gut beraten, neue Arbeitsverträge oder auch Altverträge auf Vollständigkeit der Inhalte überprüfen zu lassen. Hierfür stehen wir selbstverständlich gerne ebenfalls zur Verfügung.

Ausdauer….

Freitag, März 5th, 2021

… und Beharrlichkeit sind bekannte Tugenden, für die wir stehen – auch wenn es einmal Jahre dauert. Das musste eine Verkehrsgewerkschaft erfahren, die verschiedene Rechtsstreitigkeiten mit unserem Mandanten, einem ehemaligen Mitglied ihres Bundesvorstands, führte. Innerhalb des Vorstands kam es im Verlauf des Jahres 2013 zu Meinungsverschiedenheiten, die auf Betreiben des Bundesvorsitzenden der Gewerkschaft zur Amtsenthebung des Vorstandsmitglieds sowie einer fristlosen Kündigung seines Dienstverhältnisses führten. Die hiergegen eingeleiteten rechtlichen Schritte des zum damaligen Zeitpunkt noch durch andere Rechtsanwälte vertretenen Vorstandsmitglieds standen zunächst unter einem schlechten Stern: Die auf Unwirksamkeit der Amtsenthebung und grundsätzliche Feststellung eines Vergütungsanspruchs erhobene Klage wurde von den ehemaligen Anwälten zuerst vor dem falschen Gericht erhoben und im weiteren Verlauf im Jahr 2016 vom Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt wegen formaler Fehler bei der Prozessführung rechtskräftig als unzulässig abgewiesen.

Im November 2016 übernahmen wir den bis dahin völlig „verunglückten“ Fall und führten die noch erstinstanzlich beim Landgericht (LG) Frankfurt anhängige Zahlungsklage auf restliche Vergütung für das bis Ende 2017 befristete Dienstverhältnis fort.

Die Gewerkschaft versuchte daraufhin parallel, die trotz der Streitigkeiten noch bestehende Gewerkschaftsmitgliedschaft unseres Mandanten durch ein Ausschlussverfahren zu beenden. Auch hier übernahmen wir die Rechtsvertretung und sorgten dafür, dass der Ausschluss zunächst durch das Landgericht Frankfurt und nachfolgend auch in der Berufungsinstanz vor dem OLG Frankfurt (Urteil vom 12. September 2018, 4 U 234/17, juris) für unwirksam erklärt wurde.

Zwischenzeitlich strengte die Gewerkschaft weitere Klagen gegen unseren Mandanten an, nunmehr auf Zahlung von gewerkschaftlichen Sonderbeiträgen für die Jahre 2013 und 2014. Trotz erst- und zweitinstanzlicher Niederlagen in den Verfahren vor dem Amtsgericht Germersheim und dem LG Landau (Urteil vom 20. Februar 2018, 1 S 112/17), in denen wir unseren Mandanten ebenfalls vertraten, versuchte die Gewerkschaft ihr Glück durch eine Revision beim Bundesgerichtshof – mangels einer Anspruchsgrundlage in der Satzung erneut erfolglos (Beschluss vom 21. Mai 2019, II ZR 157/18, juris).

Bei der Zahlungsklage unseres Mandanten in Frankfurt sah es im Februar 2019 zunächst so aus, als könne die Gewerkschaft einen Teilerfolg erzielen, weil das Landgericht meinte, der Vergütungsanspruch sei zu spät geltend gemacht worden, und die Klage deshalb erstinstanzlich abwies. Dieser Erfolg war jedoch nicht von Dauer: Auf die von uns eingelegte Berufung hob das OLG Frankfurt die Entscheidung des LG Frankfurt auf und verurteilte die Gewerkschaft zur Zahlung (Urteil vom 1. September 2020, 4 U 46/19, juris).

Nach über siebenjähriger Rechtsverfolgung erhielt unser Mandant die ihm zustehende Restvergütung für das Dienstverhältnis als Bundesvorstand – selbstverständlich verzinst, und mit gleichzeitiger Bestätigung, sich jederzeit ordnungsgemäß verhalten zu haben. Denn neben der Aufzeigung verschiedener Mängel im Rahmen des Kündigungsverfahrens sah das OLG Frankfurt für eine fristlose Kündigung durch die Gewerkschaft auch keinerlei inhaltliche Rechtfertigung. Lediglich seinen Austritt kann die Gewerkschaft letztendlich als „Erfolg“ für sich verbuchen – ihn vollzog unser Mandant allerdings nach Abschluss der Streitigkeiten um die Mitgliedschaft freiwillig und auf eigene Veranlassung.

Kein Freistellungsanspruch nach § 14 des Manteltarifvertrages (MTV) für den Einzelhandel in Baden-Württemberg bei gleichzeitigem Urlaub

Montag, Juni 27th, 2016

Die Klägerin hatte in der Zeit vom 29. September bis 11. Oktober 2014 genehmigten Urlaub. Ihr in Spanien lebender Stiefvater starb überraschend am 28. September 2014 . Daraufhin beantragte die Klägerin am 30. September 2014 für den 6. und 7. Oktober 2014 bei ihrem von uns vertretenen Arbeitgeber, einem Einzelhandelshaus in Baden-Württemberg, Freistellung nach § 14 E Nr. 1 f) des auf das Arbeitsverhältnis anwendbaren Manteltarifvertrags für den Einzelhandel in Baden-Württemberg (MTV), um an diesen Tagen Formalitäten im Zusammenhang mit dem Begräbnis ihres Stiefvaters zu erledigen. Damit sollten zwei Tage Urlaub „geschont“ und für einen späteren Zeitpunkt aufgehoben werden. Die Arbeitgeberin lehnte ab und verwies darauf, dass der Arbeitnehmerin bereits Urlaub gewährt wurde.

Hiergegen erhob die Arbeitnehmerin Klage vor dem Arbeitsgericht Freiburg auf Feststellung, dass sie am  6. und 7. Oktober 2014 keinen Urlaub gehabt habe, sondern nach dem Manteltarifvertrag freigestellt gewesen sei und berief sie sich auf den Wortlaut der tariflichen Vorschrift, der vorsieht, dass eine Freistellung ohne Anrechnung auf den Urlaub erfolgt.

Die Klage wurde jedoch in beiden Instanzen abgewiesen.

Bereits das Arbeitsgericht Freiburg entschied erstinstanzlich, dass die Gewährung einer tariflichen Freistellung im Fall von Urlaub ausgeschlossen sei. Wenn ein Arbeitnehmer bereits durch Urlaubsgewährung von seiner Verpflichtung zur Arbeitsleistung befreit sei, könne es schon begrifflich nicht noch einmal zu einer gesonderten „weiteren“ Freistellung nach der tariflichen Vorschrift des § 14 MTV kommen. Daran ändere sich auch angesichts der Tatsache nichts, dass der Tarifvertrag ausdrücklich die Nichtanrechnung auf den Urlaub vorsehe. Diese Auffassung wurde vom Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg am 24. September 2015 (11 Sa 36/15; rechtskräftig) bestätigt. Ausdrücklich vom Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg offen gelassen wurde hingegen, ob die Arbeitnehmerin die Freistellung nicht im Anschluss an ihren Urlaub hätte beanspruchen können, da sie diese ausdrücklich für Tage ihres bereits gewährten Urlaubs wünschte.

 

HELFER Rechtsanwälte meinen:

 

Die besprochene Entscheidung ist ein Musterbeispiel dafür, wie der vermeintlich „erste Eindruck“ einer Vorschrift, nämlich der Wortlaut, auf juristisches „Glatteis“ führen kann. Da im besprochenen Fall die tarifliche Regelung ausdrücklich die Freistellung „ohne Anrechnung auf den Urlaub“ vorsah, könnte man als juristischer Laie ohne weiteres auf die Idee kommen, dass sich die Arbeitnehmerin die Urlaubstage, die auf die gewünschte Freistellungzeit fallen, nicht anrechnen lassen muss und sie die Tage stattdessen zu einem späteren Zeitpunkt noch als Urlaub nehmen kann – so wird es z. B. im Grundsatz bei Krankheit im Urlaub gemacht. Die Gerichte sahen das anders. Der Grund für die Unterscheidung liegt nach den Entscheidungsgründen in der unterschiedlichen Zwecksetzung von Freistellung und Urlaub einerseits sowie einer klareren Formulierung der Regelung bei einem Zusammenfall von Krankheit und Urlaub durch das Bundesurlaubsgesetz andererseits.

Der Umgang mit derartigen juristischen Feinheiten erfordert langjährige Erfahrung im Umgang mit tariflichen Vorschriften, und selbst dann erlebt man bisweilen auch als praxiserprobter Jurist in tarifrechtlichen Fragen immer noch die eine oder andere faustdicke Überraschung. Dies liegt auch häufig an der Arbeit der tarifschließenden Parteien selbst. Schon der Gesetzgeber steht in jüngerer Zeit immer häufiger in der Kritik, weil er bisweilen unpräzise, lückenhafte oder sogar widersprüchliche Gesetztestexte erarbeitet, die dann in der Praxis zu erheblichen Streitigkeiten führen. Dies gilt für Tarifvertragsparteien, die mit den Tarifverträgen nichts anderes als „Gesetze“ für den Bereich des Arbeitsverhältnisses ihrer Mitglieder vereinbaren, nach unserer Erfahrung ebenso, vielleicht sogar noch in verstärktem Maß.

Alleine dem Wortlaut sollte man daher in juristischen Fragen nie trauen, erst recht nicht als Arbeitgeber. Auch bei scheinbar „klarem“ Wortlaut lohnt es sich häufiger einmal, hinter die „sprachlichen Kulissen“ vermeintlicher tarifvertraglicher Ansprüche zu schauen und auch zwar auch bei langjähriger „geübter“ Praxis deren Plausibilität zu hinterfragen.

Aber auch als Arbeitnehmer kann und sollte man aus der Entscheidung des LAG Baden-Württemberg Lehren ziehen. Auch hier kann ein spontaner Schnellentschluss (in vorliegendem Fall die Auswahl der Tage der Freistellung) unter Umständen zu erheblichen Nachteilen führen.

Gerade bei nichtalltäglichen Ansprüchen aus Tarifverträgen sollte bereits im Vorfeld gut überlegt werden, welche Ansprüche man wie beim Arbeitgeber geltend macht. Wichtig kann dabei sein, auf welche Art (z. B. auf schriftlichem Weg) oder auch innerhalb welcher Zeit (zur Vermeidung von tarifvertraglichen Ausschlussfristen). Eine fundierte rechtliche Beratung im Vorfeld, aber auch zum möglichst schonenden Vorgehen bei der Rechtsverfolgung im noch bestehenden Arbeitsverhältnis kann hier helfen, viel Ärger und Enttäuschung zu verhindern.

Nichtzahlung von Weihnachtsgratifikation unangemessene Benachteiligung

Mittwoch, Dezember 4th, 2013

Die Rückforderung einer Weihnachtsgratifikation kann in vom Arbeitgeber gestellten Auszahlungsrichtlinien (Allgemeine Geschäftsbedingungen) regelmäßig nicht an ein zum Jahresende bestehendes Arbeitsverhältnis geknüpft werden, wenn mit der Zahlung zumindest auch die Arbeitsleitung zusätzlich vergütet werden soll. Das hat das Bundesarbeitsgericht mit Urteil vom 13. November 2013, 10 AZR 848/12 entschieden.

Der Kläger war seit 2006 beim Arbeitgeber beschäftigt und hatte zum 30. September 2010 sein Arbeitsverhältnis selbst gekündigt. Er erhielt jährlich eine Sonderzahlung, die seit 2007 als Weihnachtsgratifikation bezeichnet wurde. Im Arbeitsvertrag war der Anspruch der jährlichen Zahlung daran geknüpft, dass das Arbeitsverhältnis zum Jahresende noch bestehen sollte. Andererseits war in den Richtlinien u. a. auch bestimmt, dass die im Lauf des Kalenderjahres eintretenden Arbeitnehmer einen Anspruch auf 1/12 der Zahlung pro Beschäftigungsmonat erhalten sollen.

Das Bundesarbeitsgericht entschied unter Aufhebung der gegenteiligen Entscheidungen der Vorinstanzen auf die Revision des Klägers, dass der Arbeitgeber die Sonderzahlung an den Kläger anteilig (für das Jahr 2010 also in Höhe von 9/12) zu zahlen habe, weil die Zahlung sich nach den Richtlinien auch als Vergütung für geleistete Arbeit darstellt. Die Ausnahme des Klägers von der Sonderzahlung benachteilige ihn daher unangemessen.

Drogenkonsum alleine reicht nicht zur Kündigung

Dienstag, November 27th, 2012

Der Drogenkonsum eines Gleisbauarbeiters der Berliner Verkehrsbetriebe führte nicht zur Kündigung. Wie das Landesarbeitsgericht (LAG) Berlin-Brandenburg am 28. August 2012 (19 Sa 306/12) entschied, war die Kündigung des Mitarbeiters nach einem positiven Drogenscreening, welches den vom Arbeitnehmer freimütig zugestandenen Genuss von Cannabis erbrachte, trotz betriebsärztlicher Sicherheitsbedenken unwirksam. Grund: Die Verkehrsbetriebe hatten die Kündigung erklärt, ohne den Personalrat zuvor ordnungsgemäß zu beteiligen. Dieser hatte der Kündigung widersprochen. Der Arbeitgeber hatte jedoch nicht das im Fall eines Widerspruchs zwingende Einigungsverfahren  mit der Personalvertretung eingeleitet, weil er den Widerspruch für unbeachtlich hielt. Diese Auffassung teilte das LAG jedoch nicht. Damit war die Kündigung unwirksam, ohne dass sich das Gericht noch mit den Gründen für die Kündigung auseinandersetzen musste.  Die Vorinstanz (Arbeitsgericht Berlin) hatte mit Urteil vom 1. Dezember 2011 bereits ebenso entschieden.

Anmerkungen von HELFER Rechtsanwälte:

Die Entscheidung zeigt ein immer wieder auftretendes Phänomen: Viele Arbeitgeber sind sich nicht der eminenten Wichtigkeit des Einhaltens der Vorschriften zur Beteiligung der Mitarbeitervertretung vor einer Kündigung nicht hinreichend bewusst. Dies führt zu Nachlässigkeiten im Anhörungsverfahren, die wiederum in vielen Fällen die Unwirksamkeit der Kündigung nach sich ziehen, selbst wenn schwere Verfehlungen den Grund für die Kündigung bilden und diese „eigentlich“ begründet wäre. Denn eine Kündigung ist nach der Rechtsprechung nicht nur unwirksam, wenn die Beteiligung vollständig unterlassen wurde, sondern z. B. auch wenn die Personalvertretung nur unzureichend oder unvollständig über die Kündigungsgründe informiert wurde oder eben das Beteiligungsverfahren nicht ordnungsgemäß eingehalten wurde – für jeden Arbeitgeber eine „bittere“, weil im Grundsatz vermeidbare „Pille“. Für den Bereich des öffentlichen Dienstes, in dem das Personalvertretungsgesetz die rechtliche Grundlage bildet, gilt dies übrigens ebenso wie in der freien Wirtschaft; hier gelten die im Hinblick auf das einzuhaltende Verfahren die ähnlichen, wenn auch etwas weniger strengen Vorschriften des Betriebsverfassungsgesetzes. In beiden Bereichen werden die Mängel häufig erst im Kündigungsschutzverfahren aufgedeckt; für ein Nachholen der fristlosen Kündigung ist dann fast immer zu spät.

Wir wissen aus unserer langjährigen Erfahrung, dass eine eingehende Schulung zu diesem Komplex für jeden Personalverantwortlichen unerlässlich ist. Wir schulen seit vielen Jahren regelmäßig Personalleiter und Führungsnachwuchs zu den Fragen der Mitarbeiterbeteiligung, beraten Sie aber natürlich auch gerne im akuten Einzelfall.

 

Gleichbehandlungsgesetz (AGG) auch für GmbH-Geschäftsführer

Mittwoch, Juli 11th, 2012

Der Bundesgerichtshof hat in einer Entscheidung vom 23. April 2012 (II ZR 163/10) den Schutzbereich des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) erstmals auf GmbH-Geschäftsführer angewandt.

Der Kläger des Verfahrens war bis zum 31. August 2009 medizinischer Geschäftsführer einer GmbH der Stadt Köln. Der Aufsichtsrat der Beklagten beschloss im Oktober 2008, das Vertragsverhältnis mit dem Geschäftsführer nicht über den 31. August 2009 fortzusetzen. Der Aufsichtsratsvorsitzende hatte diese Entscheidung gegenüber der Presse damit begründet, der Kläger sei wegen seines Alters von 62 Jahren nicht weiter beschäftigt worden. Man suche einen Nachfolger, der das Unternehmen „langfristig in den Wind stellen“ könne.

Der Bundesgerichtshof hat die schon in der Vorinstanz gefällte Entscheidung des OLG Köln, der Kläger sei dadurch in unzulässiger Weise wegen seines Alters benachteiligt worden, bestätigt. Nach § 6 Abs. 3 AGG finde das Gesetz Anwendung auf GmbH-Geschäftsführer, soweit es um Zugang zum Geschäftsführeramt und den beruflichen Aufstieg gehe. Die durch die Informationen an die Presse begründeten Indizien einer unzulässigen Altersdiskriminierung konnte das beweisbelastete Unternehmen nicht widerlegen.

Der BGH konnte aus prozessrechtlichen Gründen allerdings auch nicht endgültig entscheiden, ob dem Kläger damit die von ihm geforderte Entschädigung  von mindestens 110.000,- € zusteht. Die zunächst vom OLG Köln zugesprochene Entschädigung von 36.600,- € befand es jedenfalls für zu niedrig. Zur Feststellung der Höhe der Entschädigung unter Beachtung einschlägiger Hinweise des BGH muss daher nun erneut das OLG Köln urteilen.

Anmerkung von HELFER Rechtsanwälte:

Das Urteil des BGH erregte zu Recht viel Aufmerksamkeit. Tatsächlich machte vor allem das Verhalten des Aufsichtsratsvorsitzenden den Gerichten die Entscheidung leicht. Denn nach § 22 AGG muss der vermeintlich diskriminierte Bewerber nur Indizien beweisen, aus denen sich eine unzulässige  Benachteiligung ergibt. Kann er das, was im entschiedenen Fall wegen der freimütigen Presseinformationen ein Leichtes war, dreht sich die Beweislast um: Das Unternehmen muss dann beweisen, dass der Bewerber nicht unzulässig benachteiligt wurde. Wie so häufig, ist die beweisbelastete Partei auch aus diesem Fall als Verlierer gegangen. Die erfolgreiche Führung des Gegenbeweises war angesichts der Presseinformationen kaum vorstellbar.

Betriebsratsanhörung bei Kündigung ohne Kündigungsschutz

Mittwoch, Juli 11th, 2012

Das Landesarbeitsgericht (LAG) Rheinland-Pfalz hat in einer aktuellen Entscheidung vom 28. April 2011 (8 Sa 408/11) die Anforderungen an die Betriebsratsanhörung in den ersten Monaten des Bestehens eines Ausbildungs-, bzw. Arbeitsverhältnisses konkretisiert.

Der Arbeitgeber hatte einem Auszubildenden innerhalb der vereinbarten Probezeit von vier Monaten gekündigt. Da eine Kündigung in dieser Zeit regelmäßig keiner Begründung bedarf, stützte der Auszubildende sich im Kündigungsschutzprozess vor allem auf das Argument, die Kündigung sei wegen fehlerhafter Anhörung des Betriebsrats unwirksam (§ 102 Abs. 1 S. 3 Betriebsverfassungsgesetz). Der Arbeitgeber hatte dem Betriebsrat zunächst mündlich mitgeteilt, der Kläger habe einen „militärischen Tonfall“, „arbeite lieber alleine“ und sei insgesamt „zu gesetzt“ für sein Alter. Die im Anschluss eingereichte schriftliche Anhörung enthielt nur die Mitteilung, der Auszubildende habe „den Anforderungen nicht entsprochen“.

Das LAG hielt die dem Betriebsrat mitgeteilten Informationen im Ergebnis für ausreichend.  Das Gericht befand zwar die schriftliche Mitteilung als pauschal und unzureichend. Die vorab und im Rahmen des Anhörungsverfahren ergänzend abgegebenen zusätzlichen Erklärungen seien jedoch hinreichend konkret, um den Kündigungsentschluss zu verdeutlichen.  Die Kündigung sei daher nicht wegen fehlerhafter Anhörung des Betriebsrats unwirksam.

Kommentar von HELFER Rechtsanwälte:

Die Entscheidung berührt einen der empfindlichsten und fehlerträchtigsten Punkte im Kündigungsrecht: Der Arbeitgeber hat dem Betriebsrat die Gründe für eine beabsichtigte Kündigung vorab mitzuteilen und ihn hierzu anzuhören. Dabei führt nicht nur das völlige Unterlassen der Betriebsratsanhörung zur Unwirksamkeit der Kündigung, sondern auch die fehlerhafte Unterrichtung. In Betrieben mit Betriebsrat ist dies nach unserer Erfahrung einer der häufigsten Gründe für die Unwirksamkeit einer Arbeitgeberkündigung.

Die Strenge dieser Vorschriften führt vor allem immer wieder in Fällen zu arbeitgeberseitigem Erstaunen, in denen der Arbeitgeber eigentlich keinen Kündigungsgrund benötigt, also innerhalb der ersten sechs Monate des Bestehens des Arbeitsverhältnisses oder – wie hier – im Rahmen einer zulässigen Probezeit bei Ausbildungsverhältnissen. Relativ weit verbreitet ist sogar der Irrtum, in derartigen Fällen bedürfe es überhaupt keiner Anhörung.

Dies ist jedoch falsch. Der Arbeitgeber kommt – wie das LAG im Einklang mit der ganz überwiegenden Rechtsprechung urteilte – seiner Unterrichtungspflicht nur nach, wenn er dem Betriebsrat auch seine subjektiven Motive richtig und vollständig mitteilt. Die in vielen Fällen zu lesende Floskel, der Arbeitnehmer „entspreche subjektiv nicht den Erwartungen“ des Arbeitgebers, ist pauschal und nicht ausreichend.

Die Konsequenzen dieses Irrtum haben oft weit reichende Folgen: Wird der Arbeitgeber im Rahmen eines sich an die Kündigung anschließenden Kündigungsschutzverfahrens auf sein Versäumnis aufmerksam gemacht, ist es häufig für eine Wiederholung der Kündigung mit richtiger Anhörung zu spät, weil mittlerweile – z. B. wegen Ablaufs der sechsmonatigen Frist – Kündigungsschutz besteht (§ 1 Abs. 1 Kündigungsschutzgesetz), ein von der Rechtsprechung anerkannter betriebs-, verhaltens- oder personenbedingter Kündigungsgrund aber nicht  vorliegt. In diesem Fall kann der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis nicht mehr beenden oder er muss im Vergleichsweg eine Beendigung herbeiführen, was teuer werden kann, weil sich der Arbeitnehmer nur gegen Zahlung einer Abfindung hierauf einlassen wird.

Vorgetäuschte Arbeitsunfähigkeit kann zur fristlosen Kündigung führen

Dienstag, April 24th, 2012

Nach einer Entscheidung des Hessischen Landesarbeitsgerichts (LAG) in Frankfurt (Urteil vom 1. April 2009 – 6 Sa 1593/08) kann die Vortäuschung einer Arbeitsunfähigkeit zur außerordentlichen Kündigung führen, und zwar auch trotz langjähriger Betriebszugehörigkeit und mehrerer Unterhaltsverpflichtungen.

Der Fall betraf einen 52-jährigen Stahlschweißer mit drei Kindern im Alter von 11, 19 und 25 Jahren. Nachdem ihn zunächst im Rahmen verstärkten Personalabbaus am 29. November 2007 eine ordentliche, betriebsbedingte Kündigung zum 31. Mai 2008 traf, nahmen seine krankheitsbedingten Fehlzeiten drastisch zu. Die Unternehmensleitung glaubte ihm die Fehlzeiten nicht und beauftragte einen Detektiven zur Überprüfung. Dieser kontaktierte ihn im März 2008 telefonisch unter dem Vorwand, sich in der Telefonnummer geirrt zu haben; er habe sich mit einer anderen Person zur Arbeit verabredet. Daraufhin bot der Arbeitnehmer und spätere Kläger dem Detektiven sofort seine Dienste zum Arbeiten für Renovierungen und zum Innenausbau an. Er könne auch gleich anzufangen. Auf die Frage nach den Hintergründen hierfür erklärte er dem Detektiven, er sei zwar derzeit krank geschrieben, stehe gleichwohl aber sofort zur Verfügung.Für weitere Kontakte gab er dem Detektiven seine Handynummer.

Gegen die daraufhin nach Anhörung des Betriebsrats am 3. April 2008 ausgesprochene fristlose Kündigung erhob er Klage vor dem Arbeitsgericht Kassel – zunächst erfolgreich: Das Arbeitsgericht war der Auffassung, eine fristlose Kündigung sei unberechtigt, weil der Kläger zum Zeitpunkt der Kündigung keine Entgeltfortzahlung mehr erhalten habe. Damit könne nur noch das Zurückhalten der Arbeitsleistung kündigungsrelevant sein. Dies alleine rechtfertige jedoch nicht die fristlose Kündigung.

Diese Meinung teilte das LAG nicht. Das Vortäuschen einer Arbeitsunfähigkeit stelle vielmehr ein unredliches Verhalten dar, das von laufender Lohnfortzahlung nicht abhänge. Das Vertrauen in die Redlichkeit des Arbeitnehmers werde zerstört. Auch die Abwägung der Interessen falle gegen den Kläger aus. Der Arbeitgeber habe berücksichtigen dürfen, dass sich das Verhalten des Klägers auf die übrigen Arbeitnehmer auswirke (Gefahr der Nachahmung). Alter und Betriebszugehörigkeit des Klägers könnten dies nicht aufwiegen.

Die Revision zum Bundesarbeitsgericht wurde nicht zugelassen.

 

Anmerkungen von HELFER Rechtsanwälte:

Das Urteil ist – verglichen mit anderen Urteilen zu außerordentlichen Kündigungen aus der jüngeren Vergangenheit – recht arbeitgeberfreundlich.  Besonders bemerkenswert: Dem Arbeitnehmer hätte aufgrund der zuvor ausgesprochenen vorausgegangenen betriebsbedingten Kündigung eigentlich eine Sozialplanabfindung zugestanden. Diese hat sich das Unternehmen mit der wirksamen fristlosen Kündigung quasi „erspart“, da das Arbeitsverhältnis nicht durch die (ordentliche) betriebsbedingte Kündigung am 31. Mai 2008, sondern schon durch die fristlose Kündigung zum Ablauf des 3. April 2008 endete. Der Abfindungsanspruch aus einem Sozialplan entsteht regelmäßig nur dann, wenn das Arbeitsverhältnis auch aus betriebsbedingten Gründen endet. (AH)

 

 

 

„Kennen gelernt“ im Arbeitszeugnis

Freitag, März 23rd, 2012

Das Bundesarbeitsgericht hat in einem Urteil vom 15. November 2011, 9 AZR 386/10, entschieden, dass die in Zeugnissen häufig gebrauchte Formulierung „kennen gelernt“ nicht zum Ausdruck bringt, dass die im Zusammenhang hiermit angeführten Eigenschaften tatsächlich nicht vorliegen.

Dem Kläger, einem Mitarbeiter eines SAP-Competence-Centers, war 2007 in seinem Zeugnis bescheinigt worden:

„Wir haben Herrn K. als interessierten und hoch motivierten Mitarbeiter kennen gelernt, der stets eine sehr hohe Einsatzbereitschaft zeigte. Herr K. war jederzeit bereit sich über die normale Arbeitszeit hinaus für die Belange des Unternehmens einzusetzen. Er erledigte seine Aufgaben stets zu unserer vollen Zufriedenheit.

Herr K., der Kläger im Verfahren, war der Auffassung, das Zeugnis sei nicht ordnungsgemäß. Der Gebrauch der Worte „kennen gelernt“ drücke stets das Nichtvorhandensein der im Kontext aufgeführten Fähigkeiten aus.

Dies sah das Bundesarbeitsgericht, ebenso wie die Vorinstanzen, anders:

Ein objektiver und damit unbefangener Arbeitgeber mit Berufs- und Branchenkenntnissen erhalte durch die im Zeugnis enthaltene Formulierung, sowie deren Gesamtzusammenhang,  nicht den Eindruck, der Arbeitgeber attestiere dem Arbeitnehmer in Wahrheit Desinteresse und fehlende Motivation. Eine Mehrdeutigkeit komme der Formulierung selbst nicht zu. Daher sei die Formulierung „kennen gelernt“ nicht zu beanstanden. Den gegenteiligen Entscheidungen des Landesarbeitsgerichts (LAG) Hamm vom 27. April 2000 – Az.: 4 Sa 1018/99 – und vom 28. März 2000 -Az.: 4 Sa 648/99 – sei daher nicht zu folgen. In diesen Entscheidungen hatte das LAG Hamm die Formulierung noch dahingehend ausgelegt, dass der Arbeitnehmer nach Ansicht des Arbeitgebers die Eigenschaft gerade nicht besitze.

 

Kommentar von HELFER Rechtsanwälte:

Im Ergebnis wird man die Entscheidung als zutreffend bezeichnen müssen.  Tatsächlich bringt die Formulierung, eine/n Mitarbeiter/in als interessiert und hoch motiviert  „kennen gelernt“ zu haben, sicherlich nicht zwingend Desinteresse und fehlende Motivation zum Ausdruck. Da die Formulierungen im Kontext ansonsten einen positiven Tenor hatten, konnte das Bundesarbeitsgericht keine offene oder versteckte Fehlbeurteilung sehen.

Gleichwohl erweist sich das Urteil in seiner Konsequenz als problematisch:

Dies liegt einmal an den bereits über 10 Jahre alten entgegenstehenden Entscheidungen des LAG Hamm. In Konsequenz dieser Rechtsprechung hat die arbeitsrechtlich beratende Praxis jahrelang sowohl Arbeitgeber als auch Arbeitnehmer auf die nunmehr vom Bundesarbeitsgericht verneinte Zweideutigkeit aufmerksam gemacht. Es mag zutreffen, dass sich ein Sprachempfinden, wonach eine allgemein verschlüsselte Bedeutung der Formulierung „kennen gelernt“ in der Zeugnissprache besteht, nicht herausgebildet hat. Für die beratende Praxis hat dies in den letzten Jahren freilich keine Rolle gespielt. Allein aus der ständig geübten Beratung entsteht – gewollt oder ungewollt – gerade in praxisorientierten Fachkreisen ein entsprechendes Bewusstsein im Umgang mit der genannten Formulierung. Es könnte nun umgekehrt wiederum Jahre dauern, bis sich alle an die vom Bundesarbeitsgericht nunmehr festgestellte Rechtslage „gewöhnen“. Den Nachteil tragen dann Arbeitnehmer, in deren Zeugnisse die Formulierung „kennen gelernt“ in der Zwischenzeit – gewollt oder ungewollt – aufgenommen wurde, wenn diese von Personalleitern gelesen werden, die von der „Wende“ in der Rechtsprechung möglicherweise erst verspätet etwas mitbekommen.

Hinzu kommen sprachliche Aspekte, die das BAG nach unserer Auffassung nicht hinreichend gewürdigt hat:

Eine Person in der Probezeit mit einer gewissen Eigenschaft „kennen gelernt“ zu haben, bedeutet nicht, dass sich die Person bei Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis noch durch die gleiche Eigenschaft auszeichnet. Wer sich bei Beginn des Arbeitsverhältnisses als zuverlässig erwiesen hat und vom Arbeitgeber solchermaßen „kennen gelernt“ wurde, muss nicht auch bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses zuverlässig  gewesen sein.

Es empfiehlt sich aus unserer Sicht daher nach wie vor, die Formulierung „kennen gelernt“ im Arbeitszeugnis zu vermeiden, es sei denn man will gerade betonen, das eine positive Eigenschaft im Laufe des Arbeitsverhältnisses verloren gegangen ist. Wenn im entschiedenen Fall Herr K. von Beginn an interessiert und hoch motiviert gewesen sein sollte, ist die sprachlich einfachere und auch zutreffende Formulierung „Herr K. ist ein sehr interessierter und hoch motivierter Mitarbeiter“. Zur Vermeidung möglicher Fehldeutungen sollte deshalb auch der Arbeitnehmer nach wie vor darauf zu achten, dass in einem Zeugnis mit guter Benotung die Formulierung „kennen gelernt“ nicht verwandt wird. (AH)