Drogenkonsum alleine reicht nicht zur Kündigung

Der Drogenkonsum eines Gleisbauarbeiters der Berliner Verkehrsbetriebe führte nicht zur Kündigung. Wie das Landesarbeitsgericht (LAG) Berlin-Brandenburg am 28. August 2012 (19 Sa 306/12) entschied, war die Kündigung des Mitarbeiters nach einem positiven Drogenscreening, welches den vom Arbeitnehmer freimütig zugestandenen Genuss von Cannabis erbrachte, trotz betriebsärztlicher Sicherheitsbedenken unwirksam. Grund: Die Verkehrsbetriebe hatten die Kündigung erklärt, ohne den Personalrat zuvor ordnungsgemäß zu beteiligen. Dieser hatte der Kündigung widersprochen. Der Arbeitgeber hatte jedoch nicht das im Fall eines Widerspruchs zwingende Einigungsverfahren  mit der Personalvertretung eingeleitet, weil er den Widerspruch für unbeachtlich hielt. Diese Auffassung teilte das LAG jedoch nicht. Damit war die Kündigung unwirksam, ohne dass sich das Gericht noch mit den Gründen für die Kündigung auseinandersetzen musste.  Die Vorinstanz (Arbeitsgericht Berlin) hatte mit Urteil vom 1. Dezember 2011 bereits ebenso entschieden.

Anmerkungen von HELFER Rechtsanwälte:

Die Entscheidung zeigt ein immer wieder auftretendes Phänomen: Viele Arbeitgeber sind sich nicht der eminenten Wichtigkeit des Einhaltens der Vorschriften zur Beteiligung der Mitarbeitervertretung vor einer Kündigung nicht hinreichend bewusst. Dies führt zu Nachlässigkeiten im Anhörungsverfahren, die wiederum in vielen Fällen die Unwirksamkeit der Kündigung nach sich ziehen, selbst wenn schwere Verfehlungen den Grund für die Kündigung bilden und diese „eigentlich“ begründet wäre. Denn eine Kündigung ist nach der Rechtsprechung nicht nur unwirksam, wenn die Beteiligung vollständig unterlassen wurde, sondern z. B. auch wenn die Personalvertretung nur unzureichend oder unvollständig über die Kündigungsgründe informiert wurde oder eben das Beteiligungsverfahren nicht ordnungsgemäß eingehalten wurde – für jeden Arbeitgeber eine „bittere“, weil im Grundsatz vermeidbare „Pille“. Für den Bereich des öffentlichen Dienstes, in dem das Personalvertretungsgesetz die rechtliche Grundlage bildet, gilt dies übrigens ebenso wie in der freien Wirtschaft; hier gelten die im Hinblick auf das einzuhaltende Verfahren die ähnlichen, wenn auch etwas weniger strengen Vorschriften des Betriebsverfassungsgesetzes. In beiden Bereichen werden die Mängel häufig erst im Kündigungsschutzverfahren aufgedeckt; für ein Nachholen der fristlosen Kündigung ist dann fast immer zu spät.

Wir wissen aus unserer langjährigen Erfahrung, dass eine eingehende Schulung zu diesem Komplex für jeden Personalverantwortlichen unerlässlich ist. Wir schulen seit vielen Jahren regelmäßig Personalleiter und Führungsnachwuchs zu den Fragen der Mitarbeiterbeteiligung, beraten Sie aber natürlich auch gerne im akuten Einzelfall.

 

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