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Gleichbehandlungsgesetz (AGG) auch für GmbH-Geschäftsführer

Mittwoch, Juli 11th, 2012

Der Bundesgerichtshof hat in einer Entscheidung vom 23. April 2012 (II ZR 163/10) den Schutzbereich des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) erstmals auf GmbH-Geschäftsführer angewandt.

Der Kläger des Verfahrens war bis zum 31. August 2009 medizinischer Geschäftsführer einer GmbH der Stadt Köln. Der Aufsichtsrat der Beklagten beschloss im Oktober 2008, das Vertragsverhältnis mit dem Geschäftsführer nicht über den 31. August 2009 fortzusetzen. Der Aufsichtsratsvorsitzende hatte diese Entscheidung gegenüber der Presse damit begründet, der Kläger sei wegen seines Alters von 62 Jahren nicht weiter beschäftigt worden. Man suche einen Nachfolger, der das Unternehmen „langfristig in den Wind stellen“ könne.

Der Bundesgerichtshof hat die schon in der Vorinstanz gefällte Entscheidung des OLG Köln, der Kläger sei dadurch in unzulässiger Weise wegen seines Alters benachteiligt worden, bestätigt. Nach § 6 Abs. 3 AGG finde das Gesetz Anwendung auf GmbH-Geschäftsführer, soweit es um Zugang zum Geschäftsführeramt und den beruflichen Aufstieg gehe. Die durch die Informationen an die Presse begründeten Indizien einer unzulässigen Altersdiskriminierung konnte das beweisbelastete Unternehmen nicht widerlegen.

Der BGH konnte aus prozessrechtlichen Gründen allerdings auch nicht endgültig entscheiden, ob dem Kläger damit die von ihm geforderte Entschädigung  von mindestens 110.000,- € zusteht. Die zunächst vom OLG Köln zugesprochene Entschädigung von 36.600,- € befand es jedenfalls für zu niedrig. Zur Feststellung der Höhe der Entschädigung unter Beachtung einschlägiger Hinweise des BGH muss daher nun erneut das OLG Köln urteilen.

Anmerkung von HELFER Rechtsanwälte:

Das Urteil des BGH erregte zu Recht viel Aufmerksamkeit. Tatsächlich machte vor allem das Verhalten des Aufsichtsratsvorsitzenden den Gerichten die Entscheidung leicht. Denn nach § 22 AGG muss der vermeintlich diskriminierte Bewerber nur Indizien beweisen, aus denen sich eine unzulässige  Benachteiligung ergibt. Kann er das, was im entschiedenen Fall wegen der freimütigen Presseinformationen ein Leichtes war, dreht sich die Beweislast um: Das Unternehmen muss dann beweisen, dass der Bewerber nicht unzulässig benachteiligt wurde. Wie so häufig, ist die beweisbelastete Partei auch aus diesem Fall als Verlierer gegangen. Die erfolgreiche Führung des Gegenbeweises war angesichts der Presseinformationen kaum vorstellbar.